Echnaton und der Aton Kult: Anfänge des Monotheismus?

Wissenschaftliche Sitzung von Bbr. Maximilian Zoll

In meiner Wissenschaftlichen Sitzung am 24.10.2017 als Fux hatte ich mir das Ziel gesetzt, aufklärend und informativ über den alt-ägyptischen Pharao Echnaton und den von ihm initiierten Glaube an Aton und daraus resultieren Kult zu informieren. In diesem Zusammenhang fasst der nachfolgende Essay, die wichtigsten Themen wieder auf und ordnet sie in den historischen Zusammenhang ein. Aton war spätestens seit dem Mittleren Reich (2137 bis 1781 v. Chr.) einfach nur ein Begriff für die Sonnenscheibe und erst im Neuen Reich (1550 bis 1070 v. Chr.) stieg sein Ansehen zu einem Gott bis er unter Echnaton zum alleinigen Gott ausgerufen wurde.

GRAFIK 1: Der Gott Aton hält das Lebensspendende Ankh-Zeichen an die Nasen von Echnaton und seiner Familie (Quelle: Ausschnitt einer Replik eines Hausschreins aus Amarna, Original im Ägyptischen Museum Berlin)

Die Anfänge des Aton-Kults
Die altägyptische Religion bestand seit Anbeginn aus einer Vielzahl an Göttern, Ritualen und lokalen, persönlichen Kulten. Hauptgott war seit ca. 2137 v. Chr. „Amun-Re“, der „König der Götter“. Der Amun-Tempel in Karnak war der größte und reichste, und seine Priesterschaft somit die mächtigste des Landes. Beinahe unmerklich entwickelte sich jedoch im Laufe der Zeit der traditionelle ägyptische Sonnenkult zu einer abgespaltenen Religion. Im Zentrum derer stand der Gott „Aton“, die Personifizierung der Sonnenscheibe, als Schöpfer und Erhalter allen Lebens.
Deutlich in Erscheinung tritt der Aton-Kult doch erst zur Zeit des Pharaos Amenophis III. (auch „Amenhotep“, ca. 1388 – 1351 v. Chr.). Dessen große königliche Gemahlin Teje war eine charismatische Persönlichkeit und Mitregentin über das Land. Das Herrscherpaar war dem neuen Sonnengott sehr zugetan. Langsam und geschickt leitete Amenophis III. deshalb einen Kurswechsel in der Religion ein. Er versuchte, den Kult um Aton den Amun-Priestern entgegen zu setzen, die mittlerweile beinahe genauso einflussreich geworden waren wie der Pharao selbst. Teje gebar ihrem Mann sechs Kinder. Einer der Söhne, benannt nach seinem Vater, bestieg nach dessen Tod als Amenophis IV. den Thron. Seine Gemahlin Nofretete (auch „Nefertiti“; übersetzt „die Schöne ist gekommen“), stets an der Seite ihres Mannes, besetzte eine noch stärkere Position als ihre Schwiegermutter Teje eine Generation zuvor. „Amenophis“ bedeutet „Amun ist zufrieden“. In den ersten Jahren seiner Herrschaft behielt der Pharao diesen Namen bei. Die starke Identifikation mit dem wachsenden Aton-Kult, die seine Eltern an ihn weitergegeben hatten, brachte ihn jedoch schließlich dazu, den alten Traditionen zu entsagen.
In seinem 6. Regierungsjahr läutete Amenophis IV. eine religiöse Revolution ein, wie es sie in Ägypten weder vor, noch nach ihm jemals gab und geben würde. Er änderte seinen Geburtsnamen in „Echnaton“, „Der dem Aton wohlgefällig ist“ oder auch „Strahl des Aton“. In Karnak, Heimstätte des großen Amun-Re-Tempels, ließ er einen architektonisch neuartigen Tempelbezirk zu Ehren Atons (den „Gem-pa-Aton“) erbauen – ein Affront gegen den Reichsgott und seine Priesterschaft.
Weitere und radikalere Konsequenzen folgten. Der Pharao ließ die Tempel anderer Götter, darunter auch den des Amun-Re, schließen und deren Repräsentanten und Priester enteignen. Außerdem ließ er die Götternamen tilgen, um ihre Existenz zu zerstören, besonders die der Gottheiten Amun-Re, Mut und Chons. Selbst die Pluralform „Götter“ wurde aus den bildlichen Darstellungen entfernt.

Der Monotheismus des Aton-Kults
Die Geburtsstunde des Monotheismus – so heißt es. Es ist allerdings nicht sicher, ob Echnaton tatsächlich ein „Ein-Gott-Glaube“ vorschwebte, wie wir ihn uns heutzutage vorstellen. Funde legen nahe, dass er die Verehrung manch alter Götter zumindest in untergeordneter Form duldete. Nach dem Willen des Pharaos sollte Aton aber der neue Reichsgott werden, der Glaube an ihn der Mittelpunkt des Daseins, und Echnaton selbst der einzige Hohepriester, durch den der Gott sprach. Bei seinem Volk regte sich erbitterter Widerstand gegen diese radikalen, ketzerischen Umwälzungen.
Um vollends mit der alten Religion zu brechen und sich der spannungsgeladenen Situation in Theben zu entziehen, ging der Herrscher noch einen Schritt weiter und verließ Theben (altägyptisch „Waset“), die bisherige Hauptstadt des Reiches, und verlegte seinen Regierungssitz an einen anderen Ort, an dem er eine neue Hauptstadt zu Ehren Atons gründete: „Achet-Aton“ („Horizont des Aton“), nahe des heutigen Amarna. Ausgewählt hatte er den Ort nach einem göttlichen Zeichen, das ihm von Aton gegeben worden war. Es heißt, Echnaton glaubte in den Felsen der dortigen Berge die Hieroglyphe für „Horizont“ zu erkennen.
Nach nur dreijähriger Bauzeit zogen die königliche Familie, der gesamte ägyptische Hof und die Verwaltung nach Achet-Aton. Während seine Anhänger in der neuen Hauptstadt unbehelligt der Anbetung Atons nachgingen, war jedoch der Kampf der beiden Religionen weiterhin im Gange, und die eigentliche Politik des Landes wurde in diesen Wirren wohl eher vernachlässigt.
Nofretete und ihr Mann hatten insgesamt 6 Töchter, von einem Sohn wird nichts erwähnt. Sie waren das erste Herrscherpaar, das sein Privatleben in intimen Szenen in der Öffentlichkeit abbilden ließ. Stets wird die Familie von den heiligen Strahlen des Sonnengottes beschützt, und erscheint beinahe selbst als vergöttlichte Einheit einer neuen Ära. Nofretete wird dabei in gleichberechtigter Form neben Echnaton dargestellt. Als Mitregentin mit pharaonischer Macht hatte sie ihren Mann von Anfang an dabei unterstützt, den Aton-Kult als ägyptische Hauptreligion zu etablieren. Echnatons Schwestern, die als Mitglieder der königlichen Familie am Hofe lebten, waren vermutlich gemeinsam mit ihm nach Achet-Aton gezogen. Eine davon war „Sitamun“ (auch „Satamun“ genannt), eine andere hieß „Baketaton“; wobei nicht sicher ist, ob sie nicht ein und dieselbe Person darstellen, oder „Satamun“ sich zu Ehren Atons fortan „Baketaton“ nannte. Mit einer seiner Schwestern zeugte Echnaton einen Sohn. Sein Name: „Tutanchaton“ („Lebendes Abbild des Aton“). Inzest war dieser Zeit ein bewährtes Mittel, um die königliche Blutlinie „rein“ zu halten.
Prinz Tutanchaton wuchs im Umfeld der Königsfamilie in Achet-Aton heran. Einige seiner 6 Halbschwestern, die Töchter von Echnaton und Nofretete, starben sehr jung. Auch über Nofretete wird spekuliert, dass sie bald darauf – noch vor ihrem Mann – ihren Töchtern in das Reich der Toten folgte. Man munkelte, der Sonnengott Aton habe seine Anhänger verlassen. Der kleine Tutanchaton war wohl kaum 5 Jahre alt, als auch sein Vater, der Pharao, nach etwa 17-jähriger Regentschaft starb. Echnaton und sein Aton-Kult hinterließen ein Reich in Aufruhr, dessen Macht durch verfehlte Außenpolitik zu bröckeln begann.

Das Ende des Aton-Kults
Die genaue Thronfolge in der Zeit danach ist bis heute nicht umfassend geklärt. Ein Pharao mit Namen „Semenchkare“ wird vereinzelt erwähnt, er war entweder ein weiterer Sohn Echnatons mit einer Nebenfrau, oder Nofretete, die unter diesem Namen selbst als König die Thronfolge antrat – von der aber, wie erwähnt, ein früherer Tod vermutet wird. Tatsache jedenfalls ist, dass dieser kaum belegte Herrscher nur wenige Jahre regierte, über sein Ende ist nichts bekannt. Von einer Gemeinschaft aus hohen Beamten, Priestern, des Generals Haremhab und des Beamten Eje wird schließlich Tutanchaton mit etwa 9 Jahren zum Pharao gekrönt. Als königliche Gemahlin war ihm Prinzessin „Anchesenpaaton“ („Sie lebt für Aton“) zur Frau gegeben worden, eine seiner noch lebenden Halbschwestern. Über seine Mutter oder eine andere Bezugsperson aus dem Königshaus gibt es keinerlei Aufzeichnungen mehr. Somit stand der Kindkönig wohl stark unter dem Einfluss des alten Wesirs Eje, der vielleicht sogar die Rolle seines väterlichen Erziehers übernahm. Auch der Druck durch das Volk und die fast völlig entmachtete Amun-Priesterschaft auf den jungen Sohn des „Ketzers“ muss groß gewesen sein. Tutanchaton beugte sich dem und begann, die Verhältnisse vor der Revolution seines Vaters wiederherzustellen. Er änderte seinen Namen in „Tutanchamun“ und den seiner Königin in „Anchesenamun“, zog mit dem Hof nach Memphis um und ließ die Tempel der alten Götter wieder restaurieren. Achet-Aton wurde dem Verfall preisgegeben, die Blütezeit der glorreichen, neuen Stadt des Sonnengottes war nach kurzer Zeit bereits zu Ende; die Steine ihrer Häuser und Tempel wurden für andere Bauten wiederverwertet. Echnaton wurde zu einem verfemten Herrscher, dessen Namen man aus den Königslisten tilgte und dessen Bildnisse (sowie die seiner Familie) man zerstörte, so wie er es mit dem „König der Götter“ Amun-Re getan hatte. Während seiner etwa 10-jährigen Herrschaft vollzogen Tutanchamun und seine Ratgeber die Abkehr von Aton zurück zu Amun-Re, und die Stabilität des Landes wurde wiederhergestellt. Durch den frühen Tod sollte er sich jedoch auch überraschend früh in die Riege seiner Ahnen einreihen.

Von Bbr. Maximilian Zoll

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