144.Generalversammlung in Essen verabschiedet zwei Resolutionen

Jetzt ist die Stunde Europas

Wir Unitarier bekennen uns zu unserer Verantwortung für den Kontinent der Freiheit
„Freiheit heißt Verantwortung“ lautet das Leitwort der 144. Generalversammlung des Unitas-Verbandes in Essen. Im 70. Jahr nach der Gründung der Montan-Union bekennt sich der Unitas-Verband in Verpflichtung gegenüber dem politischen Erbe seines Bundesbruders Robert Schuman zu seiner Verantwortung, dass wir Europa als Kontinent der Freiheit aktiv mitgestalten.

In der Krise beweist sich der Charakter. Das gilt nicht nur für Menschen, es gilt auch für Zivilisationen. Die Pandemie ist zu einer Bewährungsprobe für Europa geworden. In politischer, wirtschaftlicher, vor allem aber auch in ethischer und religiöser Hinsicht. Es stellt sich zunehmend die Frage: Ist Europa noch in der Lage, aus den Ressourcen seiner geistigen Quellen zu schöpfen und so selbstbewusst Antworten auf die Herausforderungen der Gegenwart und der Zukunft zu finden? Von der Debatte über die Bedeutung unserer Grundrechte über die Frage nach weiterhin offenen Grenzen in Europa bis hin zu gefährlichen Tendenzen, im Gegensatz zu den in der Katholischen Soziallehre verwurzelten Werten der Solidarität und Subsidiarität auf staatlichen Zentralismus zu setzen – Ereignisse aus der jüngsten Zeit zeigen, dass das europäische geistige Erbe als wichtiger Orientierungspunkt immer mehr zu einer Leerstelle wird.

Der erste Bundespräsident Theodor Heuss formulierte, Europa sei an drei Orten gegründet worden: dem Forum Romanum, der Akropolis und auf Golgatha. Wir als katholischer Akademikerverband sehen uns verpflichtet, nicht zuletzt die Bedeutung der Dimension von Golgatha für unsere Zivilisation wieder in das öffentliche Bewusstsein zu bringen: Europa als der Kontinent der österlichen Hoffnung. Dieses Ziel wollen wir erreichen, indem wir an unsere unitarischen Prinzipien anknüpfen:

Für ein Europa der christlichen Tugenden! Europa ist nicht nur ein geographischer Ort, Europa steht für die christlich-abendländische Zivilisation mit dem Bekenntnis zur unantastbaren Würde des Menschen als Ebenbild Gottes in ihrem Zentrum. Wir bekennen uns zu unserem Bildungsauftrag als Studenten- und Akademikerverband: Unser Bildungsziel ist, genau diesen Zusammenhang unseren Mitgliedern in Veranstaltungen, durch Vorträge und Publikationen, vor allem aber auch durch persönliches Beispiel zu vermitteln. Wir bilden die junge Generation des Kontinents der Freiheit!
Für ein Europa der Wissenschaft! Die Welt steht vor neuen Kulturkämpfen: Die Würde des Menschen und der Schutz des Lebens an seinem Anfang wie an seinem Ende wird durch technische Innovation nicht nur geschützt, sondern in vielen Bereichen auch gefährdet. Wir verpflichten uns als katholische Akademikerinnen und Akademiker dazu, in unseren Vereinen eine Atmosphäre der Debatte und der Reflektion zu erzeugen, in der der Frage nachgegangen wird, wie aus unserem christlichen Glauben heraus technische Innovation und ethischer Anspruch zusammengedacht werden können. Wir prägen die Wissenschaftler von morgen zu verantwortungsvollen Christen!
Für ein Europa der Freundschaft! Die europäische Einigung lebt nicht von Beziehungen zwischen Institutionen, ihr Kraftquell liegt in der Begegnung von Menschen. Europa ist als Kontinent der Freiheit auch der Kontinent der Personalität, dieses zentralen Grundwertes der Katholischen Soziallehre. Wir treten ein gegen Nationalismus jeder Art. Vielmehr verpflichten wir uns vor dem Hintergrund der prägenden Erfahrungen, die wir in unserem generationenübergreifenden Freundschafts-und Lebensbund machen, alle Aktivitäten unserer Mitglieder zu unterstützen, die auf aktive Begegnungen mit unseren europäischen Nachbarn abzielen. Wir sind europäische Bürger!
Der Unitas-Verband versteht dieses Bekenntnis als Selbstverpflichtung, aber auch als Appell an alle Glaubensgeschwister, ihrer Verantwortung als Christen für den Kontinent der Freiheit nachzukommen.

Essener Erklärung gegen sexualisierte Gewalt

Sexualisierte Gewalt und geistlicher Missbrauch sind seit langem ein strukturelles und institutionelles Problem in Gesellschaft und Kirche. Das Leid der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die davon betroffen sind, erschüttert uns und ruft uns dazu auf zu handeln. Auch in unserem Verband gibt es Überlebende. Wir werden keine Täter und Täterinnen in der Unitas dulden!

Wir sehen als Täter und Täterinnen nicht nur diejenigen, die aktiv missbrauchen, sondern auch alle, die vertuschen, verharmlosen und eine offene und transparente Aufdeckung der Taten behindern.

Wir als Unitas-Verband werden uns den Aufgaben von Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in unserem Verband stellen und sie aktiv angehen, vor allem durch die Erarbeitung von Konzepten und die Sensibilisierung für diese Themen. Dies kann auch schon vor einer Regelung für den ganzen Verband in den einzelnen Vereinen und den Hausbauvereinen geschehen.

Wir fordern alle Bundesbrüder und Bundesschwestern auf, sich in ihrem jeweiligen Lebensumfeld in Kirche und Gesellschaft ebenfalls dafür einzusetzen.

Wir fordern insbesondere alle Verantwortlichen in der Kirche, unabhängig von Weihe, Haupt- oder Ehrenamt, dazu auf, sich ihrer individuellen Schuld zu stellen und ihre Verantwortung wahrzunehmen und daraus ggf. die Konsequenzen zu ziehen.

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