Grußwort von Bbr. Kardinal Marx

Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising: Grußwort zur Generalversammlung des Unitas-Verbandes 2020*

Liebe Bundesschwestern, liebe Bundesbrüder,

als zum letzten Mal im Jahr 1996 die Generalversammlung des Unitas-Verbandes in Darmstadt stattfand, war ich noch Geistlicher Beirat des Verbandes. Ich kann mich an die Generalversammlung noch gut erinnern. Ich freue mich, dass der W.K.St.V. Unitas Palatia Darmstadt seinen 100. Geburtstag feiert und die Bundesschwestern und Bundesbrüder eingeladen hat. Herzlich grüße ich Euch alle!

Bundesbruder Kardinal Marx

Seit meiner Studentenzeit in Paderborn bin ich Mitglied der Unitas und ich bin es immer mit großer Freude gewesen, auch wenn ich aktuell wenig am Vereinsleben teilnehmen kann. Mit großem Interesse lese ich immer wieder die Verbandszeitschrift und begegne Bundesschwestern und Bundesbrüdern in ganz Deutschland, denn die Unitas ist und bleibt eine Familie, die weit über das Studium und die Freundschaften, die dort geschlossen wurden hinausreicht.

Unsere Prinzipien bleiben aktuell. Wir brauchen Menschen mit Zivilcourage in der Kirche und in der Gesellschaft. Menschen, die sich engagieren für andere, die Mut haben und Neues wagen, die unser Prinzip Virtus beherzigen. In einer Zeit von Fake News und Polarisierungen sind wir angewiesen auf richtiges Denken, auf das Abwägen der Argumente, die Bereitschaft, seine eigene Position zu verändern, wenn man eines besseren belehrt wird. Denn ohne intensives wissenschaftliches Denken, das auch seine eigenen Grenzen kennt, kann es kein Miteinander in einer offenen Gesellschaft geben. Es geht also um das Prinzip Scientia. Und ein Kernelement allen menschlichen Zusammenlebens, nicht nur in der Familie, auch in Kirche und Gesellschaft ist das Element der Freundschaft, der Amicitia. Natürlich haben wir nur wenige Freunde im ganz engen Sinn, aber schon die griechischen Philosophen wussten, dass es hier um mehr geht, um die Fähigkeit des grundsätzlichen Wohlwollens dem Anderen gegenüber, um die Bereitschaft, zuzuhören und die Argumente des Anderen stark zu machen. Bisweilen vermisse ich das in politischen, gesellschaftlichen, aber auch in kirchlichen Debatten. Ein Austausch, ein Dialog, ein gemeinsames Weiterkommen in wichtigen Fragen ist ohne grundsätzliches Wohlwollen, ohne Sympathie dem anderen gegenüber nicht möglich. Selbst wirkliches Verstehen kann nicht gelingen, ohne dieses Element der Freundschaft, des offenen Miteinanders.

In diesen Prinzipien sollten wir als Unitarierinnen und Unitarier Vorbilder sein, Zeichen sein an der Universität und dann in unserem ganzen Leben. Deswegen ist die Unitas auch für die Zukunft wichtig. Also: Bleibt der Unitas treu! Fundament dieser Treue ist unser gemeinsamer Glaube an Christus, den Bruder aller Menschen. Die Freundschaft mit ihm ist sozusagen das oberste Prinzip.

Ich wünsche dem W.K.St.V. Unitas Palatia Darmstadt Gottes reichen Segen zum 100. Jubiläum und der Generalversammlung* des Unitas-Verbandes einen guten Verlauf mit vielen Begegnungen, Gottesdiensten, Festkommersen in freundschaftlichem Miteinander.

Semper in unitate

Euer Bundesbruder

Reinhard Kardinal Marx

Erzbischof von München und Freising

*Das Grußwort von Bbr. Reinhard Kardinal Marx wurde vor der Absage der Generalversammlung in Darmstadt aufgrund der Covid 19 Pandemie geschrieben.

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