Mailand im Schatten der Aristokratie

Wissenschaftliche Sitzung von Bbr. Jonas Sperling

Mailand – eine moderne Metropole im Norden Italiens, in der Neuzeit bekannt für das Zentrum der Mode weltweit. Mailand ist eine Stadt mit langer Geschichte… doch welcher eigentlich?
Der Autor (Jonas Sperling) dieses Artikels durfte selbst sechs Monate lang in der Handels-und Kulturmetropole wohnen. Vom mächtigen Hauptbahnhof, über die Kanäle mitten in der Altstadt, zu den historischen Villen und borromäischen Schlössern rund um den Lago Maggiore, beeindruckt die Stadt mit ihrer Geschichte. Zwischen so viel Wohlstand muss es doch wohl eine schlummernde Geschichte über Intrigen und Herrschaftshäuser geben, oder? Auf der Suche nach einer bis heute währenden geheimen Elite, welche die Stadtgeschicke lenkt, stellte sich heraus, dass der Titel unpassend sein sollte. Mailand ist keine Ausgeburt einer mächtigen Herrscherfamilie mit Schreckenszügen, die sich bis heute in dem Kapital der Stadt verbirgt. Eher ist Mailand ein Beispiel für den positiven Einfluss von Demokratie, wohlwollender Stadt-Leitung und effizienter Bürokratie. Der Vortrag gliedert sich in vier Teile, welche sich durch ihren historischen Zusammenhang ableiten.
Der erste Teil liefert ein Abstrakt über das Leben von Bischof Ambrosius im vierten Jhdt. n.Chr. Ambrosius war Jurist und gewiefter Diplomat. Im Zentrum seines Wirkens steht die Christianisierung Mailands. Über die Stadtgrenzen hinaus hat Ambrosius vermutlich maßgeblich die theodosianischen Dekrete, die im Jahre 391 das Christentum in der trinitarischen Form zur Staatsreligion erhoben, beeinflusst.
Der zweite Teil bietet Einblick in die mittelalterliche Selbstverwaltung einer frühen Metropole. Die Herrscherfamilie Visconti hat Feinde von außen mehr als einmal in die Flucht geschlagen. Mit Hilfe einer strammen und starken Stadtbürokratie konnte Ottone Visconti bewaffnete Anfeindungen der rivalisierenden Familie della Torre abschlagen. Der Festtag der hl. Agnes diente seit den Visconti als Erinnerungsmedium, über den „von Gott gewollten Sieg” und damit als Herrschaftsrechtfertigung.
Als 1447 der letzte der Visconti stirbt, fällt Mailand in die Hände der Familie Sforza. Dies leitet den dritten Vortragsteil ein. In diesem werden die weltlichen Machtspiele des Borgia Papsttums deutlich.
Der letzte Teil widmet sich der Entstehung Mailands als moderne Industriemetropole. Die bisherige, natürliche Grenze der Einwohnerzahl konnte erfolgreich durch die Industrialisierung im 18 Jhdt. überwunden werden. Die Finanzkrise im Jahr 1907 lässt dann den Faschismus in Mailand aufblühen und beendet auch die Thematik des Vortrags.
Der Vortrag vermittelte dem Publikum einen Einblick in die Stadt Mailand als christliche Metropole, die mittelalterliche Verwaltung einer Stadt, Mailand als Spielball politscher Machenschaften von außen und die Bildung eines Industriestandortes.
Die Hörer haben erfahren, wie die Familie Visconti auf das Erbe von Bischof Ambrosius aufgebaut hat. Der Borgia-Papst hat mit dem Nachfahren Viscontis, der Familie della Torres zu kämpfen gehabt und die Banker im 20. Jhdt. konnten auf die über Jahrhunderte gewachsene Infrastruktur aufbauen und die Region mit Kapital zur Industrialisierung versorgen.

Von Bbr. Jonas Sperling

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