Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit international und national: Hilfe im Eintreten für verfolgte Christen?

23.05.2018; Referent: Dr. Thomas Müller, Open Doors; Artikel von Philipp Rachor

Wie es mittlerweile zur guten Tradition geworden ist, besuchte die Aktivitas auch in diesem Semester einen, von der Katholischen Hochschulgemeinde Darmstadt veranstalteten, Vortrag. Im Rahmen des Semesterthemas „Religionsfreiheit als Menschenrecht“ referierte Dr. Thomas Müller über weltweite Christenverfolgungen und die Arbeit seiner Hilfsorganisation „Open Doors“.

Zu Beginn seines Vortrags präsentierte der Referent ein römisches Graffiti aus dem dritten Jahrhundert nach Christus um deutlich zu machen, dass Christen schon von Beginn ihres Bestehens an der Verfolgung ausgesetzt waren. Der Verfolgungsindex von „Open Doors“ schätzt die Anzahl der verfolgten Christen weltweit auf derzeit über 200 Millionen. Dr. Müller machte deutlich, dass diese Verfolgungen nicht ausschließlich staatlicher Art sein müssen. Ein Beispiel für nicht staatliche Christenverfolgung ist Kolumbien, wo die Verfolgungen hauptsächlich von Drogenkartellen oder Rebellengruppen ausgehen.

Bevor der Referent weitere Länderbeispiele nannte, ging er zunächst grundlegend auf das Thema Menschenrechte ein.
Früher, bei ersten Formulierungen der Menschenrechte, bestanden diese hauptsächlich aus bürgerlichen und politischen Rechten, wie politische Mitbestimmung oder Versammlungsfreiheit. Später wurden die Menschenrechte um soziale Aspekte, wie Gleichberechtigung der Geschlechter oder Recht auf soziale Sicherheut erweitert. Heute werden Menschenrechte oft sehr umfassend ausgelegt. Die sogenannten „Menschenrechte der dritten Generation“ beinhalten große Themen des 21. Jahrhunderts, wie das Recht auf Frieden, Recht auf Kommunikation sowie den Anspruch auf sauberes Wasser. Bei einer solch weitgreifenden Definition von Menschenrechten ergeben sich natürlich kontroverse Debatten. So wird immer wieder diskutiert, wie universell diese Rechte durchsetzbar sind, oder ob wegen verschiedener kultureller Werte und Bedingungen relativiert werden muss. Handelt es sich bei den Menschenrechten vielleicht sogar nur um westliche oder christliche Werte, die nicht weltweit anwendbar sind?

Im deutschen Grundgesetz wird die Religionsfreiheit in Artikel 4, und damit als erstes spezielles Menschenrecht in der Bundesrepublik festgelegt. Die Religionsfreiheit umfasst für den deutschen Gesetzgeber dabei Aspekte wie Recht auf Religionswechsel, Bekenntnisfreiheit, Freiheit der Ausübung, Vereinigungsfreiheit, Selbstorganisation oder das religiöse Erziehungsrecht der Eltern. Außerdem hat Deutschland es sich zur Aufgabe gemacht, Religionsgruppen zu schützen und sich bei deren Organisation und Strukturen nicht einzumischen.

Im zweiten Teil des Vortrags führte der Referent einige Länder auf, in denen die Situation für Christen derzeit schwierig ist.
Als erstes Beispiel nannte Dr. Müller das abgeschottete Nordkorea. Obwohl dort die Religionsfreiheit laut Verfassung gegeben ist und Nordkorea vor dem Koreakrieg sogar ein stark christlich geprägtes Land war, kann man derzeit nicht von einer praktischen Religionsfreiheit sprechen. Stattdessen wird der Führerkult um die Kim-Dynastie als quasi Ersatzreligion von staatlicher Seite erzwungen. Die letzten verbleibenden katholischen Kirchen werden, so vermutet der Referent, nur als Attraktion für Touristen geöffnet.
Auch auf den eigentlich katholischen Philippinen gab es in den letzten Jahren vermehrt Gewalt gegen Christen. So kam es beispielsweise letztes Jahr zu einem Angriff einer islamistischen Terrorgruppe auf die Großstadt Marawi. Nachdem die Rebellen große Teile der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht hatten, fanden gezielte Tötungen von Christen statt. Mit Blick auf Südostasien prognostiziert der Referent, dass schwache Staaten, wie zum Beispiel Indonesien, die neuen Hochburgen des IS werden könnten.
Auch in Malaysia wird die Situation der Christen immer besorgniserregender. Nachdem die demokratische Regierungspartei nach 61 Jahren abgewählt wurde, sind laut dem Referenten die Scharia und Zivilgerichte derzeit faktisch gleichgestellt. Auch wird von Beschlagnahmungen der Bibel und Entführungen von christlichen Pastoren berichtet.
Mit Blick auf Deutschland ließe sich laut Dr. Müller sagen, dass der Staat in der Vergangenheit keine komplette Religionsfreiheit von Flüchtlingen gewährleistet hat. So wurden verfolgte Christen, nach Ablehnung des Asylantrags, in kritische Länder wie Iran oder Pakistan zurückgeführt. Erst nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs bekommen Menschen, die in ihrem Heimatland ihre Religion nicht frei ausleben können, Asyl in Deutschland.

Zum Abschluss seines Vortrages ging der Referent noch auf die derzeitige Diskussion um die „Kreuzfrage“ in Bayern ein. Laut Dr. Müller muss sich der Staat in Deutschland nicht grundlegend neutral im Bezug auf Religion verhalten. Dies sei in Deutschland, da keine strikte Trennung von Staat und Religion besteht, auch nicht einfach möglich. Wichtig ist jedoch, dass der Staat den Schutz der Religionsfreiheit als Teil des Minderheitenschutzes weiter garantieren kann.

Von Seiten der Aktivitas lässt sich sagen, dass der Vortrag einen guten Überblick über die Christenverfolgung weltweit geben konnte. Bei weiterer Interesse ist die Website der Hilfsorganisation, www.opendoors.de, eine gute Anlaufstelle. Dort befinden sich ausführliche Berichte zu den einzelnen Ländern und es kann kostenloses Infomaterial bestellt werden.

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