Faszination Trump

Wissenschaftliche Sitzung von Bbr. Paul Grewe

Seit dem 20.01.2017 ist Donald J. Trump der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Er setzte sich bei Präsidentschaftswahl gegen seine Mitbewerberin Hillary Clinton durch. Die Wissenschaftliche Sitzung befasste sich mit einigen Faktoren die zu Trumps Wahlerfolg führten.

1) Wirtschaftliche Ausgangssituation nach Obama
Barak Obama wurde im Januar 2009 als US-Präsidenten vereidigt und übernahm das Amt kurz nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise 2008. Diese traf die USA hart, aber die Mittel- und Unterschicht besonders schwer. Dennoch gelingt es der Regierung scheinbar in der achtjährigen Amtszeit Obamas die Wirtschaft wieder aufzurichten und so zieht der scheidende Präsident am Ende seiner Amtszeit ein positives Fazit. Dabei stützt er sich besonders auf die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Arbeitslosenquote:

Das BIP weist einen konstanten Aufwärtstrend von 2009 bis 2017 auf und kann dabei fast durchgängig ein Wachstum von etwa 2,0% halten.
Auch die Arbeitslosenquote der USA ist nach dem Anstieg aufgrund der Wirtschaftskrise zwischen 2009 und 2010 rückläufig und erreicht im Jahr 2017 sogar fast das Niveau von 2007. Doch der Graph zeigt nur die sogenannte U3-Arbeitslosenstatistik. Diese von der US-Regierung gerne verwendete Statistik ist mit Vorsicht zu genießen, weil hier nur die Arbeitslosen aufgelistet sind, die Gelder vom Staat beziehen. In den USA erhält man im Schnitt für circa 26 Wochen Arbeitslosenunterstützung. Nach diesem Zeitraum gilt man als Langzeitarbeitsloser und wird nicht mehr in der U3-Statistik erfasst, hier gilt das Motto: „Aus den Augen aus dem Sinn!“. Die Langzeitarbeitslosen werden in der U6-Statistik berücksichtigt, sodass Arbeitslosenquote, die alle bei der Regierung gemeldeten Arbeitslosen erfasst, etwa doppelt so hoch ausfällt, wie in der U3-Statistik. Jedoch melden sich viele Bürger gar nicht mehr Arbeitslos, da sie mit keiner Unterstützung vom Staat rechnen, wodurch die Dunkelziffer der tatsächlich arbeitslosen US-Bürger nochmals weit über der U6-Statistik liegt. Die Statistikdatenbank ShadowStats geht aktuell von einem Wert von 22,5% aus. Die Arbeitslosenquote in Deutschland liegt zum Vergleich im Moment bei etwa 5,8%.
Auch die Erwerbsquote, welche den Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung zeigt, die arbeitet oder arbeitssuchend ist, weist einen rückläufigen Verlauf während der Präsidentschaft Obamas auf und erreicht im Jahre 2015 mit 62,9% den niedrigsten Wert seit etwa 40 Jahren. Eine solche Entwicklung bot Trump in seinem Wahlkampf eine gute Gelegenheit um die Verbesserungen im Sozialstaat als Ursache für die sinkende Erwerbsquote zu deklarieren. Diese machen Arbeit unattraktiver und lassen so die Motivation zu arbeiten sinken. Aber allein die Vorgänger Regierung dafür zu belangen liefert ein falsches Bild, weil hierdurch der demographische Wandel sowie strukturelle Effekte vernachlässigt werden. Eine direkte Folge der expansiven Sozialpolitik zeigt sich in der wachsenden Staatsverschulden der USA, die sich im Zeitraum von 2009 bis 2016 fast verdoppelt hat.
Schließlich führte die Wirtschaftskrise auch zu einem „Ausverkauf der Demokratie“ wie es Josef Braml in seinem Buch „Auf Kosten der Freiheit. Der Ausverkauf der amerikanischen Demokratie und die Folgen für Europa“ aus dem Jahr 2016 passend formuliert. Mit diesem Buch setzt sich Braml unter anderem mit dem Lobbyismus auseinander und schreibt unter anderem:
„Steigende soziale Ungleichheit, […], eine Regierung von überwiegend Millionären, die im wirtschaftlichen Interesse ihrer noch betuchteren Wahlkampffinanciers Laisser-faire-Politik betreiben, sowie die politische Ohnmacht eines Großteils der Bevölkerung prägen die heutige Realität der USA“(S. 10).
„Politik wird in den USA nicht – wie in parlamentarischen Regierungssystemen üblich – von den Parteien formuliert und gesteuert, sondern über ‚Themennetzwerke‘ oder ‚Tendenzkoalitionen‘ ausgehandelt …“(S. 121).
Hiermit zeigt er deutlich das Problem, immer stärkerer Einflussnahme von wirtschaftlichen Interessenverbänden auf die politischen Entscheidungen der USA, auf. So haben einzelne Staaten in den Jahren nach der Wirtschaftskrise versucht, europäische Unternehmen mithilfe von Subventionen in Höhe von hunderten Millionen US-Dollar nach Amerika zu locken, um so die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Beispielsweise zahlt der Staat Tennessee dem VW Konzern 577.000.000 $, damit dieser dort ein Werk baut. In Alabama wurden sogar 811.000.000 $ zur Subvention von ThyssenKrupp genehmigt. Allerdings werden diese Subventionen nicht aus Überschüssen finanziert, sondern auf Steuern und somit auf die Bevölkerung umgeleitet, oder entspringen Geldtöpfen, welche für regionale Konjunkturprogramme vorgesehen waren. Dabei stellen diese Beispiele keine Einzelfälle dar.
Somit bleiben am Ende der Obama Regierung viele Vorhaben nicht umgesetzt, weil sich die Politiker in Washington nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen konnten. Die Republikaner haben durch ihre Mehrheiten im Kongress der Regierung immer wieder Steine in den Weg gelegt, die nicht alle umgangen werden konnten. Dies vermittelt der Bevölkerung das Bild eines politischen Stillstands, denn auch die Republikaner konnten aus ihren Mehrheiten keine eigenen Impulse setzten. Der Eindruck, dass Wirtschaftsinteressen dem Wohl der eigenen Bürger vorgezogen werden, lässt das Vertrauen in das politische Establishment sinken.

2) Trump, der Systemgegner
Genau dieses Gefühls bedient sich Donald Trump in seinem Wahlkampf. Er tritt als Systemgegner auf, der angetreten ist, um das politische Washington umzukrempeln, dem Volk zurückzugeben und für politische Gerechtigkeit zu sorgen. Aber eigentlich macht er sich die wirtschaftliche Lage der Mittel- und Unterschicht zu Nutzen, welche die Wirtschaftskrise nie wirklich überwunden haben, da sie bei dem konjunkturellen Aufschwung auf der Strecke geblieben sind.
Auf Basis dieses Grundgefühls instrumentalisiert Trump nicht nur die positiven Gefühle einer gemeinsamen Bewegung und die Hoffnung auf einen Wandel, sondern auch die wachsenden Ängste der Bevölkerung vor Armut, dem Gesundheitswesen, Arbeitslosigkeit und Gewalt. Dies gelingt ihm vor allem durch die Veranstaltungen, die mehr einem Event als einem politischen Wahlkampf gleichen, wodurch er einen Personenkult um sich selbst schafft. Er stellt sich als die Stimme des kleinen Mannes dar und spricht damit eher Emotionen als wirkliche Inhalte an.
„Wir stehen am Anfang von etwas Unglaublichem, einem historischen Wandel, der die Macht von einem gescheiterten politischen System überträgt – und diese Macht kommt zurück in die Hände unserer Familien, Gemeinden und Bürger.“ (aus der Wahlkampfrede in Eau Claire, Wisconsin vom 01.11.2016)
Mit solchen Aussagen schafft er es schnell, dass seine Anhänger sich als Bewegung sehen, die einen Wandel herbeiführen möchte. Dies macht ihn so attraktiv für Erstwähler und diejenigen, die der Politik aufgrund ständiger Enttäuschung abgeschworen haben.
Dabei spielt auch die Art der Berichterstattung in seine Karten. In den USA haben die meisten Haushalte einen Fernsehsender den sie schauen und dem sie vertrauen. Die Sendeanstalten sind in ihrer Berichterstattung, gerade bei politischen Themen, eher meinungsbildend als rein informativ. So wird Donald Trump entweder als Held gefeiert oder verteufelt, je nachdem welchen Sender man einschaltet. Aber egal wo man einschaltet, Donald Trump ist meistens das Thema, sodass er eine unglaubliche Präsenz hat. Die beigefügte Grafik zeigt aber auch deutlich, dass auch bei ausländischen Nachrichtensendern voreingenommen über Donald Trump berichtet wurde.
Das Shorenstein Center on Media, Politics and Public Policy der Harvard Kennedy School hat die Berichterstattung der ersten 100 Tage seiner Amtszeit auf positive und negative Berichte untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die ARD die negativste Berichterstattung über Donald Trump sendet.

Von Bbr. Paul Grewe

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