Der Arabische Frühling – eine Chronologie
Wissenschaftliche Sitzung von Bbr. Ulrich Immel
In meiner WS „Der Arabische Frühling – eine Chronologie“ hab ich versucht
eine zeitliche Abfolge der Ereignisse zu erstellen, die sich im mittleren
Osten von Mitte Dezember 2010 bis Ende 2011 ereignet haben. Dabei
haben sich bei mir neue Fragen aufgetan, die viel spannender waren, als
einen reinen zeitlichen Ablauf zu erstellen. Darunter die Fragen: Wieso
nennt es sich Arabischer Frühling? Warum gab es die Proteste? Wer
protestierte und was waren deren Ziele? Außerdem: Was waren deren
Auswirkungen nach einem Jahr Protest-Bewegungen? Diese Fragen
möchte ich in diesem Artikel beantworten und nur einen kleinen zeitlichen
Abriss der wichtigsten Geschehnisse porträtieren.
Zuerst stellte sich für mich die Frage, warum diese Protestbewegung
überhaut „Arabischer Frühling“ heißt und woher dieser Begriff stammt.
Geprägt wurde dieser Begriff von den westlichen Medien, es ist mehr oder
weniger ein Propagandabegriff. Der Frühling soll implizieren, dass hier
etwas Gutes passiert: Der Aufstand, ein Erwachen. Bezug nehme ich
hierbei auf den Begriff „Prager Frühling“, der 1968 von westlichen Medien
für einen Aufstand in der Tschechoslowakei entworfen wurde. Weitere
bezeichnende Begriffe für den Arabischen Frühling sind „Arabellion“ und
„Arabische Rebellion“. Hier stellte sich die Frage, was „Arabisch“ eigentlich
umschreibt. Bezug wird hier auf die Arabische Welt genommen. Es gibt
keine exakte Definition für die Arabische Welt. So kann diese in drei
unterschiedlichen Kriterien betrachtet werden: dem sprachlichen
Kriterium (Arabisch als vorwiegende Sprache), dem religiösen Kriterium
(der Einfluss des Islams, der islamischen Welt), dem politischen Kriterium
(die Mitgliedschaft zur Arabischen Liga). Je nachdem welches Kriterium
man betrachtet, redet man über unterschiedlich große geografische
Regionen Nordafrikas und der Arabischen Halbinsel (ein Teil des Mittleren
Ostens).
Betrachtet man die wirtschaftliche, soziale und politische Situation dieser
Region, so handelt es sich bei den meisten dieser Länder um
Schwellenländer und Entwicklungsländer. Es gibt nur einige Ausnahmen
wie Saudi-Arabien, Katar oder Bahrain, bei denen es sich um
Industrieländer handelt. Weiterhin gab es in der Region in den letzten
Jahren eine moderate bis hohe Wachstumsrate, die zur Folge hat, dass
eine hohe Arbeitslosigkeit, besonders bei jungen- und ausgebildeten
Menschen, entstanden ist. Politisch herrscht in vielen der Länder eine
autoritäre Regierung vor, Korruption und Vetternwirtschaft sind
Normalität.
Aus der oben genannten Situation ergeben sich die meisten Ziele der
Protestbewegungen. Schaut man detaillierter in die Länder, so ergeben
sich auch noch individuellere Probleme. Z.B. Algeriens Aufhebung des 19
Jahre andauernden Ausnahmezustands und die in Mauretanien noch
vorhandene Sklaverei. Grundlegend kann man dies aber in autoritäre
Regime, Korruption, Arbeitslosigkeit, soziale Ungerechtigkeiten (auch
Frauen Rechte) zusammenfassen.
Protestiert wurde durch alle sozialen Schichten. Es stellt sich die Frage,
warum diese Protestwelle sich so schnell ausgebreitet hat. Dabei sind
gerade die heutigen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung zu
berücksichtigen. Durch das Internet und die Vernetzung, die dadurch
ermöglicht wird, können Proteste initiiert werden. Gerade auch Bilder und
Videos, die die Brutalität der Regime zeigen, sorgen für eine Steigerung der
Protestbereitschaft. Auch der katarische Satellitensender Al-Jazeera, der
Demonstrationen und Selbstverbrennungen ausstrahlt, trägt maßstäblich
zur weiteren Aufladung der Lage bei.
Nun möchte ich noch einen groben zeitlichen Ablauf geben mit den
wichtigsten Daten und Ereignissen. Angefangen hat der Arabische Frühling
Mitte Dezember 2010 in Tunesien mit der Selbstverbrennung eines jungen
Gemüsehändlers in der Stadt Sid Bouzid. Wegen Demütigungen,
Entehrung durch Polizeiwillkür, Repression und Korruption sieht er in
seinem Land keine Lebensperspektive mehr. Daraufhin versammeln sich
Demonstranten vor der städtischen Ortsverwaltung, die Kundgebung wird
durch die Polizei aufgelöst. Durch Videos und Bilder im Internet, die unter
anderem auch Tötungen von Teilnehmern durch Sicherheitskräfte zeigen,
verbreiten sich die Protestbewegungen. Im Januar folgen Aufmärsche in
Algerien, Jordanien, Bahrain, Mauretanien, Ägypten, Saudi Arabien, Syrien,
Libyen und Jemen, viele davon werden unter anderem auch durch weitere
Selbstverbrennungen begleitet oder gestartet.
Am 14. Januar flieht Tunesiens Präsident Zine el-Abildin Ben Ali nach Saudi
Arabien. Am 17. Januar beginnt offiziell die Revolution in Libyen, die zum
Bürgerkrieg führt. Im Februar folgen Proteste in Kuwait, Dschibuti,
Marokko und im Irak. In vielen der Länder werden kleinere Zugeständnisse
gemacht und Regierungsangehörige treten zurück, um die Lage zu
beruhigen. Am 11. Februar tritt Husni Mubarak zurück und eine
Militärregierung übernimmt zeitweise die Regierungsgeschäfte, bis sich
eine neue Regierung bildet. Anfang März zieht die Nato eine
Militäroperation in Libyen in Erwägung. Am 15. März eskaliert eine
Demonstration in Syrien durch gewaltsame Übergriffe der Regierung
(offizieller Bürgerkriegsbeginn). Im Jemen folgt durch Kämpfe im Mai und
Juni ein Angriff auf den Präsidentenpalast bei dem Präsident Ali Adbullah
Salih verletzt wird und das Land vorübergehend Richtung Saudi-Arabien
verlässt. Am 20. August nehmen Rebellen Gaddafis Hauptquartier in
Tripolis ein. Am 20. Oktober wir Gaddafi in seiner Heimatstadt Sirte
aufgegriffen und hingerichtet. Daraufhin beschließt die Nato das Ende des
Libyeneinsatzes. In Tunesien finden die ersten freien Wahlen statt. Im
November unterzeichnet Jemens Präsident Ali Adbullah Salih ein
Abkommen, das ihn ablöst und in 90 Tagen Neuwahlen ansetzt. Allerdings
gibt es nur einen Kandidaten, Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi.
Ende des Jahres 2011 gewinnen in Ägypten die Muslimbüder und andere
islamische Parteien die Wahlen.
Abschließend kann das Resultat auf vier Große Rücktritte in Tunesien,
Ägypten, Libyen und Jemen zusammengefasst werden, sowie einen noch
bis heute andauernden Bürgerkrieg in Syrien. Außerdem kam es zu vielen
kleineren Rücktritten und Gesetzesänderungen in den anderen arabischen
Staaten. Allerdings kann man am Ende nicht von einer Verbesserung der
Situation sprechen, die eigentlich von den Protestierenden erhofft wurde.
Die Lage hat sich an vielen Orten sogar verschlechtert. Ägypten und Libyen
gelten weiterhin als instabil, in Syrien hält der Bürgerkrieg an und führt zu
einer gewaltigen Flüchtlingswelle. Nur Tunesien gilt als
Hoffnungsschimmer.
von Bbr. Ulrich Immel
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Pünktlich zum neuen Jahr im Briefkasten
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Backup cache in use.METANOIA! Bbr. Kardinal Reinhard Marx kritisiert Polarisierungen, Fundamentalismus und krude Verschwörungstheorien in der Corona-Krise. Und stellt fest, dass "eine einfache Rückkehr zu dem, was vorher war, so nicht gelingen kann und dass diese Pandemie, die in alle Lebensbereiche hineinreicht, Tendenzen beschleunigt und verschärft, die schon vorher erkennbar waren", so Bbr. Marx. "Im Grunde ist jetzt eigentlich die Stunde der christlichen Botschaft", ist er überzeugt: "Für uns als Christen wird gerade jetzt noch deutlicher sichtbar, dass in allen persönlichen und gesellschaftlichen Katastrophen das Bild des gekreuzigten Gottes, also des Gottes, der uns anschaut in der Gestalt Jesu von Nazareth, ein großes Zeichen der Hoffnung ist. Das ist gleichzeitig das Bekenntnis zu einem Gott, der der Vater aller Menschen ist, nicht nur der Christinnen und Christen. Und deshalb ist jeder Fundamentalismus mit dem Glauben an den Gott und Vater Jesu Christi unvereinbar. Die Kirche kann nur stehen auf der Seite derer, die sich für das gemeinsame Haus der Schöpfung für alle Menschen einsetzen und auf der Seite der verantwortlichen Freiheit stehen, die Ausdruck der Gottebenbildlichkeit des Menschen und damit seiner Würde ist", unterstreicht der Erzbischof von Münchern und Freising: "In jedem Gebet, in jedem Gottesdienst und im Dienst am Nächsten stehen wir als Kirche für diese Hoffnung ein, öffentlich und hoffentlich mit vielen Menschen. Das ist ein Zeichen, ein notwendiges und dann vielleicht doch auch ein systemrelevantes." Diese klare Herausforderung für die Kirche ist die Aufgabe für alle, die zu ihr stehen. In unitate! ... See MoreSee Less
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