Staatsphilosophie – von Platon bis Karl Marx

Staatsphilosophie – von Platon bis Karl Marx
Wissenschaftliche Sitzung von Bbr. Thomas Bellendorf
In meiner Fuxen-WS wählte ich das Thema „Staatsphilosophie“, weil ich
schon während der Schulzeit viel Spaß daran hatte zu überlegen, wie das
Zusammenleben von Menschen wohl in bester Weise ablaufen könnte.
Diese wissenschaftliche Sitzung sollte einen kurzen, philosophischen
Einstieg in das Thema bieten und zum Nachdenken anregen.
Begonnen habe ich mit Platon, welcher von 428 v. Chr. bis 348 v. Chr.
gelebt hat und als Schüler von Sokrates eine gute Bildung erfuhr und somit
zu einem großen Philosophen wurde. Des weiteren wurde er später der
Lehrer von Aristoteles.
Um die Staatstheorie von Platon zu verstehen, ist es zunächst notwendig
die Aufgaben des Staates, wie Platon sie definierte, aufzuzählen. So sind
die primären Ziele eines Staates bzw. einer Gesellschaft die sog. „Idee des
Guten“ zu realisieren und die Bürger dazu zu erziehen. Um diese
übergeordneten Ziele zu erreichen, muss im Idealstaat eine harmonische
Ganzheit erreicht werden, welcher die Gerechtigkeit als Strukturprinzip
zugrunde liegt.
„Gerechtigkeit im Gemeinwesen bedeutet „das Seinige zu tun.“ (Platon)
„Das Seinige“ bedeutet in diesem Fall, dass es Aufgabe des Staates ist,
jedem seinen Platz in der Gesellschaft zu geben und die Fähig- und
Fertigkeiten eines Jeden entsprechend zu nutzen. Erreicht werden soll dies
durch gleichberechtigte Bildung, welche dann im Jugendalter je nach
Fähig- und Fertigkeiten der Individuen nach Spezialisierungen separiert
wird.
Dieser Idealstaat wurde von Platon „Politeia, der gerechte Ständestaat“
genannt.
Im Schaubild sind einige der vorherigen Aspekte bereits erkennbar. So wird
die harmonische Ganzheitlichkeit durch ineinander greifende Zahnräder
symbolisiert. Funktioniert eines dieser Zahnräder nicht ordentlich,
beeinträchtigt dies den gesamten Staat. Geteilt ist der gerechte
Ständestaat in drei Stände: Das Logistikon als kleinster und führender
Stand, welcher von Philosophen besetzt wird. Darunter befindet sich der
Stand der Thymoeides, welche durch Krieger und Soldaten gefüllt wird und
als letztes kommt das Epithymetikon. Dieser Stand ist der größte und
besteht aus Bauern, Handwerkern und Kaufleuten.
Der nächste Staatsphilosoph, den ich behandelt habe, ist der bereits
genannte Schüler Platons, Aristoteles, welcher von 384 v. Chr. bis 322 v.
Chr. lebte. In seiner Staatstheorie ist die Mehrung der Glückseligkeit der
Menschen des Staates und die damit verbundene, stetige Orientierung am
Gemeinwohl das primäre Ziel des Staates. Der Idealstaat soll durch
Tugendhaftigkeit geführt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die
Führung nun einer Person, einer Gruppe oder sogar dem gesamten Volk
zukommt. Nur die Führung durch Tugendhaftigkeit ist essentiell. Da nach
Aristoteles Ansicht die Tugendhaftigkeit nur durch intensive Studien der
Philosophie zu erreichen ist, schließt er die Führung durch das Volk
indirekt aus, da das breite Volk niemals zur Tugendhaftigkeit kommen
konnte.
Des weiteren gilt Aristoteles als Begründer des sog.
„Kreislaufes der Verfassungen“. Hinter dem
Kreislauf der Verfassungen steckt die Machtgier der
Menschen, welche diese zu nicht tugendhaften
Menschen werden lässt. Dieses Problem tritt laut
Aristoteles häufig bei Generationswechseln auf. So
herrscht z.B. in einer Monarchie zunächst der Vater,
welcher gut gebildet im Bereich der Philosophie ist
und somit ein tugendhafter Mann, welcher in der
Lage ist einen Staat den vorher erwähnten Aufgaben
entsprechend zu führen. Sobald dieser aber dann
stirbt oder sein Amt an den Sohn weitergibt, besteht
die Gefahr, dass dieser die Tugendhaftigkeit und
somit auch die Orientierung am Gemeinwohl
verliert und dann zum sog. „Tyrannen“ wird.
Abgelöst wird der Tyrann dann laut Aristoteles von
einer Widerstandsgruppe von guten, tugendhaften Menschen. Eine
gerechte Aristokratie bildet sich. Allerdings ist es dann nur eine Frage der
Zeit bis die Schicht der Aristokraten machtgierig und nicht mehr
tugendhaft handelt. Somit wandelt sich die Regierungsform der
Aristokratie in eine Oligarchie, in welcher eine privilegierte Gruppe den
Staatsapparat ausnutzt und nur nach eigenen Interessen handelt. Die Folge
darauf ist laut Aristoteles die Revolte des Volkes, welche dazu führt, dass
die Macht von den Oligarchen an das Volk übergeht.
Diese neue Regierungsform heißt bei Aristoteles dann Politie. Gemeint ist
eine Demokratie, in welcher die Regierung zu gleichen Teilen mit Armen
und Reichen besetzt ist, sodass die Interessen der beiden Gruppen Eingang
in die politischen Debatten finden. Ohne Rechte sind in dieser Demokratie
Besitzlose, Fremde, Nichtbürger und Sklaven. Weiterhin funktioniert diese
Form der Demokratie durch Gesetze. Im Laufe der Zeit wird sich diese
Politie dann laut Aristoteles zur extremen Demokratie ausweiten, in
welcher alle freien Einwohner an der Regierung teilhaben und nur noch
Sklaven keine Rechte besitzen. Aristoteles ist der Ansicht, dass in dieser
Demokratie Gesetze keine Rolle mehr spielen würden und die Regierung
somit ungesetzlich und willkürlich handeln würde. In dieser nahezu
anarchistischen Gesellschaft würde sich das Volk dann eine Person suchen,
welche an die Spitze gesetzt wird, um wieder Ordnung zu schaffen. Also
wandelt sich die extreme Demokratie in eine Monarchie, welche den
Kreislauf der Verfassungen beschließt bzw. von neuem einleitet.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Aristoteles stets von der Entartung
der positiven Herrschaftsformen (Monarchie, Aristokratie, Politie) ausgeht.
Allerdings werden auch die entarteten negativen
Herrschaftsformen(Tyrannei, Oligarchie, extreme Demokratie) immer
wieder durch Revolution abgelöst.
Nun kommt der erste große Zeitsprung. Während Platon und Aristoteles
beide Philosophen der Antike waren, geht es weiter mit Thomas Hobbes,
welcher von 1588 bis 1679 in England lebte. Während seiner Lebenszeit
tobte ein Bürgerkrieg zwischen dem König und dem Parlament, was
sicherlich einen Einfluss auf seine Staatstheorie hatte.
Sein Menschenbild war äußerst richtungsweisend für seine Staatstheorie.
So griff er den Satz „Homo homini lupus est.“ von Titus Maccius auf.
Übersetzt bedeutet dieser Satz: „Der Mensch ist des Menschen Wolf.“ Er
geht also davon aus, dass der Mensch im sog. Naturzustand (Leben von
Menschen ohne kulturelle Einflüsse) sich im Krieg jedes Einzelnen gegen
jeden Einzelnen befindet.
Aus dieser Feststellung leiten sich
auch die Aufgaben des Staates in
Thomas Hobbes Staatstheorie ab. Der
Staat soll in erster Linie dafür Sorge
tragen, dass auf einem Territorium
der Frieden gesichert bleibt. Dabei
geht es laut Hobbes im Prinzip nur
um das nackte Überleben und die
Vermeidung des größten Übels.
Mit seinem Werk „Leviathan“
begründete Thomas Hobbes den sog.
„aufgeklärten Absolutismus“. Der Begriff Absolutismus macht deutlich,
dass der Staat von einer absoluten Macht geführt werden sollte. In dem
Bild „Leviathan“, welches übrigens auf der Titelseite seines Werkes prangt,
sind einige Merkmale seiner Staatstheorie erkennbar. Der Leviathan wird
hier als Bild für die Regierung bzw. den Staat genutzt. Über dem Leviathan
steht der Satz: „Keine Macht auf Erden ist mit der seinen vergleichbar.“
Dieser Aspekt kombiniert mit der Größe des Leviathan im Vergleich zur
Stadt soll dessen unantastbare Macht symbolisieren.
Der Körper des Leviathan besteht aus Menschen, welche den Staat bilden.
Wichtig ist, dass all diese Menschen mit dem Eintritt in den Staat einen
Gesellschaftsvertrag unterzeichnen, mit welchem sie sich dem Leviathan
unterordnen. Das Zepter und das Schwert stehen sinnbildlich für alle
weltliche und geistliche Macht, welche im Leviathan vereint werden soll.
Weiterhin ist es noch von Bedeutung, dass der Leviathan in dem Bild zwar
als einzelne Person gemalt ist, was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass
der Staat von einer Einzelperson geführt werden muss. Es ist also laut
Hobbes auch denkbar, dass eine Gruppe, welche über die absolute Macht
im Staat verfügt, die Staatsführung übernehmen kann.
Weiter geht es mit dem Staatstheoretiker, Schriftsteller, Naturforscher und
Pädagogen Jean-Jacques Rousseau, welcher von 1712 bis 1778 lebte. Seine
Staatstheorie prägte den Grundgedanken der französischen Revolution,
kritisierte die bestehenden Lebensumstände (z.B. den Feudalismus) und
wurde aufgrund dieser Kritik nahezu überall verboten.
Seine Kritik an den bestehenden Strukturen leitet sich vor allem aus
seinem Menschenbild ab.
„Die Menschen sind böse; eine traurige fortdauernde Erfahrung erübrigt
den Beweis, jedoch der Mensch ist von Natur aus gut.“ (Rousseau)
Laut Rousseau wird der Mensch durch Besitz, Neid, Missgunst und
Übervorteilung im Zusammenleben „böse“. Dass eben diese
Ungleichheiten im System des Feudalismus bestehen, sollte keiner
weiteren Erklärung bedürfen. Allerdings ist es auch nur logisch, dass sein
Werk in der feudalistischen Gesellschaft verboten wurde, da der
Wohlstand der Mächtigen, welche dann letztendlich das Werk verboten,
aus genau diesen Ungleichheiten resultierte.
In Rousseaus Staatstheorie ist die Hauptaufgabe des Staates die Garantie
und Förderung des Lebens und Wohlergehens jedes einzelnen Mitgliedes
des Volkes und die damit verbundene Orientierung am sog. „Volonté
générale“ (= Gemeinwille). Dieser Gemeinwille ist keinesfalls als
utilitaristisches Konzept zur Mehrung der Glückseligkeit des Volkes,
sondern eher als Berücksichtigung der Interessen jeder einzelnen
Gesellschaftsgruppe bei Regierungsentscheidungen zu verstehen.
Begründet ist dies in der Staatstheorie Rousseaus dadurch, dass das Volk
als Souverän des Staates zu verstehen ist und die Regierung nur das
notwendige Werkzeug des Volkes (bzw. Souveräns) darstellt. Weiterhin
basiert auch die Staatstheorie Rousseaus auf dem Konzept des
Gesellschaftsvertrages, was allerdings nicht anderes bedeutet, als dass die
Menschen des Staates sich dazu verpflichten, sich den Regeln und
Gesetzen des Staates unterzuordnen und diese zu respektieren.
Der letzte Staatstheoretiker, den ich in meiner WS behandelt habe, ist Karl
Marx, welcher von 1818 bis 1883 lebte. Er gilt als einflussreichster und
wichtigster Theoretiker des Sozialismus. Gemeinsam mit Friedrich Engels
publizierte Marx das „Manifest der kommunistischen Partei“. Das Ziel war
das Aufbrechen der bestehenden Macht- und Gesellschaftsstrukturen und
die Emanzipation der Menschen
durch das dialektische Hinterfragen
eben dieser Strukturen
(Kapitalismus).
Auf dem Bild „Pyramid of capitalist
System“ ist dies sehr anschaulich
dargestellt. Die Kernbotschaft des
Bildes liegt offensichtlich in der
Ausbeutung der Arbeiterklasse,
welche den Kapitalismus und die
Profitierenden des Kapitalismus
„trägt“. Diese Strukturen entstehen
laut Marx durch die ungleiche
Verteilung des Kapitals. Ziel des
Marximus ist damit die Enteignung
der Kapitalisten und die damit
verbundene, gleichmäßige Verteilung des Kapitals. Diese Ziele können
durchaus als Revolutionsaufruf verstanden werden, da die Enteignung der
Kapitalisten durch die Arbeiterklasse geschehen müsse.
Weiterhin endet das „Manifest der kommunistischen Partei“ mit
folgendem Revolutionsaufruf: „Proletarier aller Länder vereinigt euch.“
(Karl Marx, Friedrich Engels)
von Bbr. Thomas Bellendorf

(Bilder nicht online verfügbar)

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