Kriminalpsychologie

Kriminalpsychologie
Wissenschaftliche Sitzung von Bbr. Paul Weidner
Die Kriminalpsychologie beschäftigt sich mit der seelischen Verfassung
eines Straftäters zum Tatzeitpunkt. Sie wird außerdem als Teil der
Kriminologie sowie Rechtspsychologie gesehen. Darüber hinaus wird die
Rechtspsychologie bei Gerichtsverfahren zur Einschätzung der
Schuldfähigkeit bei Tätern genutzt. Ich werde mich, in meiner WS primär
mit der Psychoanalyse und der Erstellung von psychologischen
Täterprofilen beschäftigen.
„Systematische Zusammenhänge herzustellen zwischen Charakteristika
von Kriminellen und den von ihnen begangenen Taten mit dem Ziel,
polizeiliche Ermittlungen zu unterstützen, dies ist die Essenz des Profiling.“
(David Canter und Rupert Heritage: A Multivariate Model of Sexual
Offence Behaviour. In: Journal of Forensic Psychiatry, 1990)
James Brussel, ein amerikanischer Psychiater, erstellte in den fünfziger
Jahren erstmals Täterprofile.
Brussels wohl berühmtestes Täterprofil erstellte er in dem Fall
„George Metesky“. Metesky war ein Bombenleger, der zwischen 1940 bis
1956 sein Unwesen in New York trieb. Er zeichnete sich dadurch aus, dass
keine Bomben explodierten. Er legte ca. 54 Bomben. Außerdem schrieb er
Briefe an die Polizei, in welchen er Hinweise gab. Sein erster Anschlag galt
Con Ed einem New Yorker Stromversorgungsunternehmen, bei dem er
beschäftigt gewesen war. Aufgrund seines Patriotismus legte er, während
es zweiten Weltkrieges, keine Bomben. Dies teilte er der Polizei schriftlich
mit. Metesky legte in den fünfziger Jahren erstmal scharfe Bomben, die
Sprengkraft nahm mit jeder Bombe zu. Diese Tatsache brachte die New
Yorker Polizei dazu, sich den Psychiater Brussel zur Hilfe zu holen.
Brussel analysierte das Vorgehen des Täters. Er kam zur Schlussfolgerung,
dass dieser wohl das Gefühl hatte, ihm wäre Unrecht getan worden. Das
große Ausmaß der Sprengsätze ließ ihn vermuten, dass der Täter sich
gegenüber der ganzen Welt im Unrecht fühlte. Aus dieser Tatsache schloss
Brussel, dass Metesky unter Paranoia leide. Nach der Analyse der Briefe
stellte Brussel die Hypothese auf, dass der Täter ein Ordnungsfanatiker sei.
Die slawische Herkunft des Täters erkannte Brussel daran, dass Metesky
bestimmte Bomben und Messer verwendete. Dies zeigte sich bei einer von
ihm platzierten Bombe in einem aufgeschlitzten Kinositz. Die Wut des
Täters, so Brussel, könne Ursache einer Erkrankung sein.
Metesky wurde nicht aufgrund des Täterprofils gefasst, obwohl alle
Vermutungen des Psychiaters Brussel sich als wahr erwiesen. Gefasst
wurde er dann letztendlich dadurch, dass in den Unterlagen des
Unternehmens Con Ed, bei welchem die erste Bombe platziert wurde,
Metesky als einer der Mitarbeiter erkannt wurde, welche das
Unternehmen aufgrund von gesundheitlichen Schädigungen am
Arbeitsplatz auf Schadensersatz verklagt hatten. George Metesky war
nämlich in seiner Zeit bei Con Ed aufgrund von ausströmendem Gas an
Tuberkulose erkrankt. So war also die erste Bombe, die er bei Con Ed legte,
als Konsequenz zu verstehen, welche aus dem Gefühl des „Ungerecht
behandelt Werdens“ im Zuge der Schadensersatzklage resultierte.
Nachdem die New Yorker Polizei George Metesky gefasst hatte und
beweisen konnte, dass er für die Bombenlegungen verantwortlich war,
wurde Metesky in eine geschlossene, psychiatrische Anstalt eingewiesen.
Die Vermutungen die Brussel aufgestellt hat, beruhen auf der
Psychoanalyse, welche von Sigmund Freud begründet wurde. Schon seit
Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurden die Theorien der
Psychoanalyse dazu benutzt kriminologische Probleme zu lösen. Diese
Theorien sind besonders nützlich, denn die Psychoanalyse betrachtet den
Mensch nicht nur als ein statisches System, sondern als dynamisches
Wesen. Sie betrachtet außerdem das Unbewusste, welches
Verhaltensweisen und Gewohnheiten steuert, verstärkt oder abschwächt.
Freud entwickelte verschiedene Systeme zur Strukturierung der
Persönlichkeit. Eins davon besteht aus der Vielschichtigkeit der
Persönlichkeit in Es, Ich und Über-Ich.
Es: Das Es ist schon seit der Geburt vorhanden. Von ihm gehen alle
ursprünglichen Triebe in animalischer, nicht sozialisierter, primitiver Form
aus. Es ist irrational, unorganisiert, lustorientiert und umfasst die
primären, vitalen Bedürfnisse. Zum Es gehören außerdem noch alle
verdrängten Gegebenheiten. Das Es ist rücksichtslos und wird sozusagen
von dem Ich und Über-Ich reguliert.
Über-Ich: Dieses fungiert als Kontrollinstanz, es übernimmt bewusst und
unbewusst ethische Wertvorstellungen der
Gesellschaft. Eine entscheidende Rolle spielt hier das Elternhaus bzw. die
Familie. Durch die Forderungen oder Verbote der Eltern formt sich das
Über-Ich. Es steuert die Aktivitäten des ES. So ist das Über-Ich die
verinnerlichte Autorität.
Ich: Das Ich ist der jüngste Teil des psychischen Apparates. Das Ich stellt
eine Art Synthese zwischen dem Es und dem Über-Ich dar. Es ist eine Art
Vernunft, da es zwischen den Trieben des Es und den Vorschriften des
Über- Ichs entscheiden muss.
Für die psychoanalytische Kriminologie bietet dieses Modell Erklärungen
für Motive oder Verhaltensweisen von Tätern. Im Falle von George
Metesky So kann auch z.B. der Selbstverrat erklärt werden. Dieser geht
vom Gewissen aus, welches ein unterbewusstes Phänomen ist. Der
Wunsch gefasst zu werden, entsteht im Über-Ich, da wir in unserer
Erziehung und auch George Metesky in seiner Erziehung beigebracht
bekommen haben, dass eine Gewalttat eine Strafe nach sich zieht. Dieser
unterbewusste Wunsch trieb George Metesky dazu einen Fehler zu
begehen. Generell äußert sich dieser Fehler in einer weitaus brutaleren
Wiederholungstat oder darin an den Tatort zurückzukehren. Bei George
Metesky äußerte sich dies darin, dass er weitere Bomben legte, welche
stets eine stärkere Sprengkraft hatten.
Nach diesem psychoanalytischen Persönlichkeitsmodell ist die kriminelle
Handlung kein Geburtsfehler, sondern ein Erziehungs- oder
Entwicklungsdefekt. Eine gestörte Beziehung zwischen dem Ich und dem
Über-Ich kann nach diesem Modell zur Kriminalität führen.
von Bbr. Paul Weidner

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