Historie Teil 1- Die Gründungsjahre

Vor 100 Jahren finden sich die ersten Spuren eines unitarischen Kränzchens in Darmstadt, Grund genug einmal auf die Entwicklung seit dieser Zeit zu schauen.
Teil 1 – Die Gründungsjahre: Von der Gründung 1920 bis zur Zwangsauflösung

Im Jahre 1847 wurde in Bonn der „Verband der Wissenschaftlichen katholischen Studentenvereine“ gegründet. Der Name „Unitas“ tritt 1854 zunächst bei einigen Vereinen auf und wird später vom Gesamtverband übernommen. Der Unitas-Verband ist zu nächst ein reiner Theologen-Verband. 1887 beschließt die 28. Generalversammlung in Neuss, den Verband auch für Nicht-Theologen zu öffnen. Seit 1911 entstehen daher auch an den Technischen Hochschulen Unitas-Vereine. Nicht erstaunlich ist somit, dass es bereits vor der Gründung der Unitas Palatia Unitarier in Darmstadt gab. Der Unitarier von Biegeleben, dessen Familienname eng mit dem Wiedererstarkenden Katholizismus in Darmstadt nach der Reformation verbunden ist, ist dafür ein Beispiel.

Der W.K.St.V. Unitas Palatia Darmstadt wurde am 2.11.1920 in Darmstadt gegründet. Aus dem Gründungsbeleg geht hervor, dass die Gründungsväter aus Marburg, Würzburg, Frankfurt und Gießen kamen. Ihre Namen, sofern sie richtig entziffert wurden, lauteten: Otto Schmelger, Hans Welsch, Josef Wilhelmi und Julius Zander. Alle vier waren Studenten des Maschinenbaus. Gegenseitig ermutigte man sich zu reger Arbeit im Interesse der lieben Unitas, besonders zu eifriger Keiltätigkeit (Nachwichsgewinnung), damit aus dem Kränzchen nach Möglichkeit recht bald ein Verein entstehen möge. Als offizielle Zusammenkunft wurde eine Exkneipe für jede Woche festgelegt, bei der auch für das Kränzchen wichtige Angelegenheiten besprochen werden sollten. Als Farbe musste Gold-Weiß-Blau gewählt werden, da schon eine andere Darmstädter Korporation, der Akademische Chor, die Farben Blau-Weiß-Gold hatte.
Im Februar 1921 wurde beschlossen, sich offiziell beim Rektorat anzumelden. Zur gleichen Zeit erfolgte der Antrag um Aufnahme in den Unitas Verband. Im Sommersemester sollten die übrigen Korporationen offiziell von Bestehen der Palatia informiert werden.

Abbildung – Wappen der Unitas Palatia zur Gründungszeit

Im Protokollbuch der Wissenschaftlichen Sitzungen finden sich unter anderem auch Hinweise auf Vorträge außerhalb der eigenen Treffen. Die Rede von Herrn Dr. Sonnenschein auf der Vertreterversammlung des Reichsauschusses der akademischen Berufsvorstände am 25.11.1921 über die „Aufgabe der Akademiker im sozialen Volksstaat“ ist ein Beispiel dafür.

Abbildung – Gründungsbeleg: Protokollbucheintrag vom 02.11.1920

Direkt zu Beginn hatte man damit begonnen Geld für eine einfache Fahne, Schärpen und Cerevise zu sammeln, die schließlich auf dem Publikationsfest am 29. Januar 1922 gesegnet wurden. Vorne auf marschierten die Mutterkorporationen, dann die Unitas Palatia Darmstadt, deren Fahne von sechs weißgekleideten Mädchen getragen wurde. Am Abend folgte der Festkommers, der – bis auf seine allzu lange Dauer – zu aller Zufriedenheit verlaufen war.
Aus dem Semesterbericht von 1924 geht hervor, dass die Palatia mittlerweile vier Füxe, zwei Neofüxe und 14 Burschen, davon vier Extralozierte und einen Generaldispensierten, zählte. Im Schnitt wurden pro Semester etwa fünf Wissenschaftliche Sitzungen von den Aktiven gehalten. Häufig wurde das Thema der Hochschulpolitik betrachtet, insbesondere die Haltung zum örtlichen Hochschulring deutscher Art (H.d.A.) wurde stark diskutiert. Die Palatia hatte sich diesem nicht angeschlossen. Zwar habe man die nationalistischen Ziele des Hochschulringes teilweise vertreten. Jedoch versuchte der H.d.A. diese einerseits durch Kampf gegen den katholischen „Ultramontanismus“ und andererseits durch eine Machtpolitik, die an nationalistischen, antichristlichen Fanatismus grenzte zu erreichen. Beides lehnte die Unitas Palatia ab. Dieser Eindruck sollte sich auch bestätigen und so war zu erwarten, dass auch KV und CV bald ihre Mitarbeit im H.d.A. versagen würden.
Der Altherrenverein Unitas Darmstadt war vom Alten Herren Dr. Figge geründet worden, dessen großen Bemühungen man einen stattlichen Kreis von Alten Herren verdankte. Eine Stütze war ebenfalls der Ehrensenior Landrat Dr. Pohl aus Trier, der in den kommenden Jahren auch den AHV-Vorsitz übernahm, da Dr. Figge aus beruflichen Gründen Darmstadt verlassen musste.

Abbildung – Auszug aus dem Hochschulführer von 1927

Ende des Jahre 1927 ergab sich eine über mehrere Convente anhaltende Debatte, den Verein aufzulösen, da das Engagement nicht ausreiche und einige alte Burschen bald philistriert würden. Die Gegenredner waren jedoch in der Minderheit, die notwendige 4/5 Mehrheit für die Auflösung wurde bei einer Abstimmung somit eindeutig nicht erreicht, so dass auf dem nächsten Convent ein neues Chargenteam gewählt wurde. In den folgen Jahren traten immer wieder einzelne Mitglieder bei, so dass eine solide Stabilität des Vereins gegeben war. Allerdings kam der Verein gleichzeitig nur mühsam voran, da auch vereinzelte Austritte zu verzeichnen waren.
Anlässlich der Reichsgründungsfeier sollte in der Otto-Bernd-Halle (heute Mensa der TU) chargiert werden. Die Korporation als solche nahm nicht daran teil, da man die nationalistischen Entwicklungen nicht unterstützen konnte bzw. wollte.

Abbildung – Gästebuch zum zehnjährigen Bestehen der Palatia

Als Neuerung wurde im Wintersemester 1931/32 ein verpflichtender Korporationssport für alle Korporationen eingeführt. Die Sportart durfte dabei selbst gewählt werden. Statt der Feier des Winterfestes zu Gunsten der „Caritas für Akademiker“ fand im in diesem Semester Jahr ein Sammlung bei katholischen Familien statt. Dies waren somit die ersten überlieferten sozialen Projekte der Palatia.
Im Sommersemester 1932 berichtete Senior Hans Schwarz, dass das Programm aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten auf ein Mindestmaß reduziert werden musste. Gleichzeitig hatte man den Vorsitz in der Ausschuss der katholischen Verbindungen (A.k.V.) inne und versuchte die Beziehungen unter den hiesigen katholischen Korporationen zu festigen und auch in die Hochschularbeit zu intensivieren, um so die gemeinsamen Interessen zu stärken. So wurde unter anderem Beschlossen, dass jedes Jahr auf den Stiftungsfesten der anderen katholischen Korporationen chargiert werden solle.
Im Wintersemester 1930 war der Ministerialrat Dr. Otto Meller vom hessischen Innenministerium als Ehrenphilister aufgenommen worden. Nach 1933 lebt er als Kunstmaler in München (Vermutlich zum Schein als Schutz vor der Gestapo). Am 14.02.1932 hielt Meller einen Vortrag im Görresring, dieser wurde von der Palatia als Morgensitzung genommen. Auch im darauffolgenden Semester wies der Senior Fritz Asselmeyer darauf hin, sich am Görres-Ring zu beteiligen. Asselmeyer (rezipiert am 05.05.1931) studierte in Darmstadt Technische Physik, promovierte und habilitierte sich an der Technischen Hochschule München und übernahm den Lehrstuhl für Physik in Weihenstephan. 1959 hielt er auf der Generalversammlung der Görresgesellschaft in Passau einen Vortrag über die „Grenzsituationen der modernen Physik“.
Doch zurück zur Palatia. Diese musste feststellen, dass die Bundesbrüder noch 400 RM an Ausständen hatten, die beglichen werden mussten. Aufgrund dieser katastrophalen Kassenlage wurde schließlich Anfang 1933 beschlossen, dass der Quästor ohne Conventsbeschluss ermächtigt war, die Eltern zu benachrichtigen, wenn jemand seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam. In der folgenden Zeit wurde es schwieriger die Chargen zu besetzten, so dass in den nächsten Jahren Bbr. Joseph Thrin stets Senior und Quästor war. 1935 wurde der Verein schließlich in einen Zirkel umgewandelt und hierzu die meisten Bundesbrüder philistriert. Der letzte Vermerk findet sich am 20.05.1936 im Protokollbuch.

1938 wurde die Palatia, wie andere Unitas Vereine und der Verband auch, von den Nationalsozialisten zwangsaufgelöst, da sie von der Gestapo als „staatsfeindliche Organisation“ eingestuft worden war. Bbr. Joseph Thrin führte nach dem II. Weltkrieg den Unitarischen Zirkel und wurde Vorsitzender des Altherrenvereins. Im Verband wurde er 1949 stellvertretender Verbandsgeschäftsführer und zusätzlich von 1955 an Verbandsstatistiker. Beide Ämter führte er bis zu seinem Tod 1971 aus. Thrin erhielt 1965 für sein Engagement im Verein und Verband die höchste Unitarische Auszeichnung, die „Goldene Unitas-Nadel“.

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