Besondere Ehrung für Bundesbruder Dr. Ludwig Pohl

Darmstadt – Der langjährige Vorsitzende des Altherrenzirkels Darmstadt, Bbr. Dr. Ludwig Pohl, wurde am 28.Oktober 2014 in die „Hall of Fame der deutschen Forschung“ aufgenommen.

Bundesbruder Pohl hat diese Ehrung aufgrund seiner maßgeblichen Arbeiten in der Erforschung von Flüssigkristallen und deren Einsatzmöglichkeiten erhalten. Dies geschah im Rahmen seiner Anstellung bei dem Chemie- und Pharmakonzern Merck KGaA. Aufgrund seiner Forschung wurde Merck zum Weltmarktführer für Flüssigkristalle.

Ludwig Pohl_1027003Die Ehrung erhalten Wissenschaftler, deren Arbeiten einen herausragenden Beitrag zur Weiterentwicklung des Forschungsstandorts geleistet und somit auch den Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Wettbewerb zukunftsfähiger gemacht haben. Dies kann Bbr. Pohl mit Fug und Recht von sich behaupten, besitzt doch fast jeder Haushalt in Deutschland zumindest ein Gerät mit Flüssigkristallen (Fernseher, Smartphone, PC-Monitor, Wecker, Radio, etc.). Trotz allem war er sehr überrascht, als er im Februar 2014 durch das Gremium über seine Ehrung informiert wurde. Zusammen mit dem Physiker und diesjährigen Chemienobelpreisträger Stefan Hell wurde Bbr. Pohl am 28. Oktober in einer Festveranstaltung im Weltkulturerbe Zeche Zollverein Essen feierlich in die „Hall of Fame“  aufgenommen.

Vortrag zum Vereinsfest Hl. Maria Immaculata

„Was habe ich den schon geleistet“, war nur eine seiner Aussagen am Vereinsfest zu Ehren der hl. Maria Immaculata, als er dort als Ersatz für den kurzfristig ausgefallenen Festredner einsprang und über seine Anfänge in der Unitas und seine Forschung bei Merck berichtete.

„Von der Mohrrübe zum Flüssigkristall“ war das Thema seines Vortrags. Diesen Vortrag hatte er schon einmal vor ca. 7 Jahren im Rahmen einer Wissenschaftlichen Sitzung bei der Aktivitas der Unitas Palatia Darmstadt gehalten.

Die Anfänge der Flüssigkristall-Forschung

Der flüssigkristalline Zustand wurde 1888 von dem österreichischen Botaniker Friedrich Reinitzer entdeckt. Dieser untersuchte die Inhaltsstoffe von Karotten. Es handelte sich dabei um Ester des Cholesterol. Er beobachtete, dass es zwischen dem festen und flüssigen auch noch einen bis dahin unbekannten Aggregatzustand gibt. Der deutsche Physiker Otto Lehmann erklärte das Phänomen, dass eine Flüssigkeit zugleich flüssige als auch kristalline Eigenschaften aufweist,  1889 als flüssigkristallin.

Diese Forschung wurde in den nächsten 8  Jahrzehnten nicht wesentlich weiter vorangetrieben, da es keine praktischen Anwendungen dafür gab.

Nach seinem Studium der Chemie von 1954 bis 1962 in Hannover und Würzburg, wo Bbr. Pohl auch zur Unitas fand, arbeitete er nach seiner Promotion von 1962 bis 1964 als Assistent an der TH Hannover und von 1964 bis 1966 an der TH Braunschweig. 1966 wechselte er in die chemische Forschung bei Merck. Seine Aufgaben waren die Strukturaufklärung von Pharmawirkstoffen und die Entwicklung von Lösungsmitteln für die Molekülspektroskopie. Dabei kam Bbr. Pohl das erste Mal mit Literatur über Flüssigkristalle in Berührung.

Die „Flüssigkristall-Mafia“

Nach einer Tagung in Ohio im Jahre 1968, bei welcher er ein erstes Flüssigkristall-Display (LCD) zu sehen bekam, empfahl er Merck in die Flüssigkristallforschung einzusteigen. Dies wurde aber von Seiten des Unternehmens abgelehnt. Die Entscheidungsträger sprachen von „überflüssigen Kristallen“ und fragten Bbr. Pohl: „Wann wollen Sie jemals einen Zentner davon verkaufen, wenn in eine Uhr gerade mal ein bis zwei Milligramm passen?“

Pohl ignorierte mit Unterstützung des damaligen Leiters für chemische Forschung die Ablehnung und „forschte mit Kollegen im Verborgenen“. Damit riskierte er seine eigene Karriere und die der Kollegen. Die Arbeitsgruppe war sich aber einig und hatte keine Angst vor einem Flop. Pohl bezeichnet diesen Zusammenhalt gerne als „Flüssigkristall-Mafia“.

Die finanzielle Unterstützung, die anfänglich seitens des Bundesverteidigungsministeriums erfolgte und später durch das Bundesforschungsministerium übernommen wurde, hielt die Forschungsarbeit am Leben. Das Bundesverteidigungsministerium hatte erkannt, dass man mit Hilfe der Flüssigkristalle neue netzunabhängige, platz- und gewichtssparende flache Anzeigesysteme bauen kann.

Der Durchbruch

Mit Hilfe von Partnern aus der Elektronik-Industrie wurde in den Siebzigerjahren weiter an dem Thema geforscht. Durchbrüche an den Universitäten in Hull (England) und Halle an der Saale Mitte der 1970er brachten die Forschung der Flüssigkristalle weiter voran. Im Jahre 1976 kombinierte eine Kollege aus Pohls Forschungsgruppe die neuen Erkenntnisse miteinander und es kam das erste Molekül heraus, mit welchem Merck Geld verdienen konnte. Zu Beginn der 1970er Jahre lag der Umsatz für Flüssigkristalle von Merck bei rund 30000 DM, durch die Entdeckung des neuen Moleküls schnellte dieser Recht schnell auf über eine Millionen DM hoch. Dies war natürlich auch für die Merck-Forscher der Durchbruch und die Bedenken des Unternehmens waren vergessen. 2013 lag der Flüssigkristall-Umsatz von Merck bei über 1,1 Milliarden Euro.

Den Schritt zur Weltmarktführerschaft bei Flüssigkristallen verdankt Merck aber nicht alleine dieser Entdeckung, sondern noch viel mehr dem Umstand, dass Merck eines der wenigen Unternehmen weltweit ist, das maßgefertigte Flüssigkristall-Mischungen herstellt, welche in einem sehr weiten Temperaturspektrum funktionieren (-40 bis +100 ° C). Denn die unterschiedlichen Flüssigkristalle besitzen nur in einem sehr engen Temperaturfenster ihre speziellen Eigenschaften, die notwendig für ihren Einsatz sind. Aus diesem Grund benötigt Mischungen mit 15 – 20 verschiedenen Molekülen, die dann ein breites Temperaturfenster abdecken.

Bbr. Pohl ist dankbar, dass es ihm vergönnt war, mit den richtigen Leuten zum richtigen Zeitpunkt zusammen zu arbeiten und dass das Glück und der Einsatzwillen des gesamten Teams über Hierarchieebenen hinweg ihnen hold war.

Zur Person

1932: Geboren als Ludwig Maria Pohl in Liebau, Kreis Landeshut, Schlesien

1954 – 1962: Studium der Chemie an der TH Hannover und Universität Würzburg.

1954: Eintritt in die Unitas Langobardia Hannover

1962: Promotion in physikalischer Chemie an der TH Hannover

1962 – 1964: Assistent im Institut für physikalische Chemie der TH Hannover

1964 – 1966: Assistent im Institut für organische Chemie der TH Braunschweig

1966 – 1996: Chemiker in der chemischen Forschung der Firma Merck KGaA Darmstadt

Seit 1972: Vorsitzender des Altherrenzirkels Darmstadt

 

 

Dieser Beitrag wurde unter FUZ-Artikel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.